Ich habe nie viel über Rente nachgedacht. Nicht vor dem Vatersein. Es war weit weg, irgendwie unkonkret – ein grauer Punkt am Horizont, den man ignorieren konnte. Ich dachte: Das kommt schon. Später. Vielleicht. Und dann kam mein Sohn. Und mit ihm das Gefühl, nicht nur für das Jetzt verantwortlich zu sein, sondern auch für das Später. Für seins. Für meins. Für uns.
Seitdem begleitet mich dieses Spannungsfeld fast täglich. Ich halte ein besonderes Spielzeug in der Hand, denke an seine leuchtenden Augen – und gleichzeitig an meine dritte Säule, die Einzahlung, die eigentlich diesen Monat noch geplant war. Ich rechne im Kopf. Ich zögere. Ich kaufe das Spielzeug. Und spüre dieses leichte Ziehen im Hinterkopf: War das klug?
Geld bekommt ein anderes Gewicht, wenn man Vater ist. Früher war es Mittel zum Zweck – für ein Bier, einen Ausflug, ein Konzert. Heute ist es Sicherheit. Verantwortung. Und gleichzeitig Sehnsucht nach Leichtigkeit. Ich will sorgen – aber ich will auch leben. Ich will nicht der Vater sein, der immer nur sagt: „Das können wir uns jetzt nicht leisten.“ Aber ich will auch nicht der, der mit 67 feststellt, dass er zu oft auf „Jetzt“ gedrückt hat und „Später“ vergessen hat.
Ich habe angefangen, monatlich in die Säule 3a einzuzahlen. Nicht viel, aber regelmäßig. Es fühlt sich gut an, das zu tun. Und gleichzeitig fühlt es sich manchmal falsch an, wenn ich das Geld lieber in einen Wochenendtrip mit meinem Sohn stecken würde. Wenn ich ihn anschaue und denke: „Diese Erinnerung könnt ihr uns nie mehr nehmen.“ Ich stehe also zwischen zwei Stühlen. Der eine sagt: Baue vor, sei klug. Der andere flüstert: Nimm dir Zeit, lebe jetzt, später kommt vielleicht nie.
Dieser Zwiespalt zieht sich durch viele Bereiche. Im Alltag. In den kleinen Entscheidungen. Ich sitze abends am Tisch, mein Sohn auf dem Schoss, das Kinderbuch in der Hand. Und mein Kopf rechnet, während meine Lippen vorlesen. Ich rechne nicht mit Seiten, sondern mit Zahlen: Steuern, Krankenkasse, Kita-Rechnung, nächste Ferien. Ich versuche präsent zu sein – und verliere mich doch oft im Morgen.
Und manchmal, wenn ich spätabends noch am Laptop sitze, um mich über ETFs oder Vorsorgelücken zu informieren, frage ich mich: Ist das eigentlich normal, so zu denken? Dieses ständige Jonglieren zwischen Vaterrolle, Absicherung, Lebenslust und finanziellem Realitätssinn? Und ich glaube, ja. Es ist normal. Aber es ist auch anstrengend.
Was mir hilft, ist der Gedanke, dass Vorsorge nicht bedeutet, das Jetzt zu verlieren. Dass ich nicht alles opfern muss, um einmal Sicherheit zu haben. Ich versuche, Prioritäten zu setzen – nicht mit einem Taschenrechner, sondern mit dem Herzen. Es gibt Monate, da geht mehr aufs Sparkonto. Und Monate, da geht mehr in Eiscreme, Bastelmaterial und Eintritt ins Schwimmbad. Ich notiere das nicht. Ich fühle es. Ich beobachte, ob sich das Gleichgewicht halbwegs richtig anfühlt.
Manchmal wünsche ich mir, ich hätte jemanden, der mir einfach sagt: „Mach das so, das passt.“ Aber vielleicht ist genau das Vatersein – Entscheidungen treffen, die niemand vorher für dich getroffen hat. Entscheidungen, die keiner für dich bewerten kann. Entscheidungen, die sich jeden Monat neu anfühlen, weil sich das Kind verändert. Weil du dich veränderst. Weil das Leben sich verändert.
Ich versuche, mir selbst zu vertrauen. Und ich lerne, dass es okay ist, nicht jeden Cent zu optimieren. Dass es okay ist, das Eis zu kaufen. Das Wochenende im Zelt zu verbringen. Dass es okay ist, eine Einzahlung mal auszulassen – weil man an dem Tag eine Erinnerung gewonnen hat. Und dass es genauso okay ist, etwas nicht zu tun, weil man vorsorgen will. Weil Sicherheit ein Wert ist, den Kinder spüren, auch wenn sie ihn nicht benennen können.
Am Ende dieser Gedanken sitze ich meist da, schaue auf meinen Sohn, wie er schläft. Und ich weiß: Ich kann nicht alles planen. Aber ich kann da sein. Ich kann ehrlich sein. Ich kann mich bemühen, für heute und morgen. Und ich glaube, das reicht. Vielleicht nicht für ein perfektes Depot. Aber für eine Beziehung, die trägt. Und das ist, was wirklich zählt.