
Papa kocht – und das Kind isst… manchmal
Kochen war für mich nie ein Problem. Ich bin kein Sternekoch, aber ich kann was auf den Tisch bringen. Ich mag es, zu schnippeln, zu würzen, etwas aus einfachen Zutaten zu zaubern. Das war immer ein schöner, ruhiger Moment. Ein Glas Wein nebenbei, vielleicht Musik. Eine Zwiebel, die in der Pfanne brutzelt – das ist für mich fast schon Meditation.
Dann kam mein Sohn.
Und plötzlich wurde aus der einst entspannten Küchenszene ein Testgelände für Geduld, Improvisation und tiefschürfende Sinnfragen wie: „Warum ist da Soße dran?“
Kochen mit und für ein Kleinkind ist eine ganz eigene Kategorie von Realität.
Es gibt keinen Menüplan, der dem Kleinkindwillen gewachsen ist. Kein Rezept, das sicher funktioniert. Keine Geschmacksrichtung, die nicht von einer Sekunde auf die nächste zur lebensgefährlichen Substanz erklärt werden kann.
Ich habe Nudeln gekocht. Mit Liebe. Mit hausgemachter Tomatensoße.
Er liebt Nudeln. Er liebt Tomatensoße. Dachte ich.
Bis er auf den Teller schaut, die Gabel weglegt und sagt:
„Nein. Nicht die.“
„Welche denn?“
„Die ohne Rot.“
Ich versuche es freundlich.
„Du meinst ohne Soße?“
„Ja. Nur die. Ohne nix.“
Ich biete an, die Soße abzuwischen. Ich wasche die Nudeln unter Wasser.
Ich stelle ihm trockene Nudeln hin.
Er schaut mich an wie ein Küchenverbrecher.
Ein anderes Mal serviere ich Ofengemüse. Bunt, gesund, liebevoll angerichtet.
Ich bekomme:
„Papa, das Gemüse sieht mich an.“
Ich könnte jetzt die Augen rollen. Stattdessen nehme ich es mit Humor.
Denn das ist die erste Lektion beim Kochen mit Kind: Erwartungen sind wie Kartoffelbrei – sie lassen sich leicht zerdrücken.
Manchmal klappt es. Da isst er mit Genuss. Kaut laut, schmatzt, sagt „lecker, Papa“. Und mein Herz tanzt Salsa in der Küche.
Dann denke ich: Ich hab’s raus! Ich bin der Koch-Papa!
Und genau dieses Gericht wird am nächsten Tag mit einem genervten „Mag ich nicht!“ kommentiert.
Zweite Lektion: Konstanz ist für Erwachsene. Kinder essen tagesformabhängig, wetterfühlig und launenbasiert.
Ich hab alles probiert:
Gemüse in Tierform.
Soßen mit lustigen Namen.
Alles pürieren, alles trennen, alles gemeinsam servieren.
Mal hat’s funktioniert. Meistens nicht.
Aber weißt du was?
Ich hab trotzdem weiter gekocht.
Weil es nicht darum geht, dass alles gegessen wird.
Sondern dass wir zusammen am Tisch sitzen.
Dass mein Sohn sieht: Essen kommt nicht aus der Mikrowelle.
Dass er zuschauen darf, mitrühren darf, sich ärgern darf, wenn der Brokkoli im Topf landet – und sich freuen, wenn er später selbst das Ei aufschlägt.
Ich versuche, ihm beizubringen: Essen ist mehr als Nahrung.
Es ist Gemeinschaft. Es ist Kultur. Es ist Erinnerung.
Und selbst wenn er nur trockenes Brot knabbert, während ich meine gebratene Polenta verteidige, ist das ein Moment, den wir teilen.
Klar, manchmal nervt’s. Wenn man ewig gekocht hat, und am Ende gibt’s Reiswaffeln und Apfelschnitze.
Oder wenn man das perfekte Kindergericht gebaut hat – mit Gesichtern aus Karotten und Käse – und alles wird ignoriert, weil „die Karotte ist komisch“.
Aber dann gibt’s auch die anderen Tage.
Wenn er sagt: „Papa, das ist lecker.“
Oder: „Ich will das auch mal kochen.“
Oder einfach nur: „Mehr bitte.“
Das sind die kleinen Triumphe. Nicht in Sternen, sondern in Bissen gemessen.
Ich hab gelernt:
Kochen mit Kind bedeutet, dem Moment mehr Bedeutung zu geben als dem Rezept.
Es geht um Nähe, nicht um Nährwerte.
Und es geht um das Gefühl, etwas miteinander zu tun – auch wenn am Ende nur die Nudeln ohne alles gegessen werden.
Also ja – Papa kocht.
Und das Kind isst… manchmal.
Aber immer sind wir zusammen.
Und das ist am Ende das beste Rezept, das ich kenne.