Urlaub mit Kleinkind: Warum man nach den Ferien erst mal Erholung braucht

Urlaub mit Kleinkind: Warum man nach den Ferien erst mal Erholung braucht

Als Vater denkt man irgendwann: „Wir brauchen Urlaub.“ Und was meint man damit? Ruhe. Abschalten. Endlich wieder durchatmen. Mal ein bisschen Wellness, gutes Essen, entspannte Stunden mit der Familie, vielleicht sogar ein bisschen Zeit für sich. Und dann bucht man ein schönes Hotel, packt gefühlt den gesamten Hausstand ein – und fährt los. Voller Vorfreude. Und ein kleines bisschen naiv.

Wir waren gerade im Hotel Kaiserhof in Berwang. Ein wunderschöner Ort, wirklich. Freundliches Personal, tolles Essen, ein Wahnsinnsblick auf die Berge. Kurz: der perfekte Ort, um mal runterzufahren. Theoretisch.

Denn die Realität im Urlaub mit einem Kleinkind ist… sagen wir: anders. Sie ist lauter, bunter, chaotischer. Und vor allem: voller „Papa?“, „Nein!“, „Ich will nicht schlafen!“, „Wo ist mein Bagger?“ – mitten in der Hotel-Lobby. Wo andere Gäste mit ihren kuschelig gefalteten Bademänteln Richtung Spa schlendern.

Die Tage fangen früh an. Sehr früh. Während andere Gäste beim Frühstück noch müde gähnen, hat unser Sohn schon den kompletten Kinderspielraum inspiziert, zwei Stühle verschoben, einen Croissant-Gipfel erklommen und den Feuerlöscher entdeckt. Ich trinke meinen Kaffee nicht heiß, sondern nach zehn Minuten – weil jemand plötzlich dringend aufs Zimmer zurück muss, „nur ganz kurz“, aber mit Drama und voller Windel.

Aber weißt du was? Trotz all dem – es war großartig.

Nicht, weil es entspannend war. Sondern weil es intensiv war. Weil man auf eine andere Art zur Ruhe kommt – nämlich, indem man sich dem Moment ergibt. Dem Chaos. Der Lautstärke. Der Tatsache, dass der Wellnessbereich für Eltern kleiner Kinder „der Spielraum mit dem Rutschauto“ ist. Und die Sauna? Ein ungenutztes Symbol der alten Zeit.

Und doch gibt es diese Augenblicke. Wenn man abends gemeinsam auf dem Balkon sitzt. Wenn das Kind endlich schläft – mit Sand in den Haaren, voller Eindrücke, tief zufrieden. Wenn man die Berge anschaut, den Tag Revue passieren lässt und merkt: Es war voll. Laut. Herausfordernd. Und wunderschön.

Urlaub mit Kleinkind ist kein Ausruhen. Es ist Erleben. Es ist gemeinsam Zeit verbringen, ohne Alltag. Ohne Uhr. Ohne Kita, Termine, Kochen, Waschen. Dafür mit neuen Eindrücken, Spielplatzabenteuern, und dem Gefühl: „Wir sind gerade richtig zusammen.“

Natürlich ist man nach einer Woche fix und fertig. Die Rückfahrt ist kein Ausklang, sondern nochmal eine Prüfung. Aber man fährt mit einem vollen Herzen. Weil da Erinnerungen sind. Und weil man spürt: Es war gut so. Genau so.

Nächstes Mal nehmen wir vielleicht weniger Zeug mit. Oder auch nicht. Vielleicht klappt es dann mit der Sauna. Oder auch nicht. Aber was sicher ist: Wir werden wieder fahren. Und wieder sagen: „Wir brauchen Urlaub.“ Nur diesmal wissen wir, was das wirklich heißt.

Papa trägt – und das gerne: Warum Tragen mehr ist als Transport

Papa trägt – und das gerne: Warum Tragen mehr ist als Transport

Es gibt Bilder, die brennen sich tief ins Gedächtnis ein. Eins davon ist mein Sohn, zusammengerollt wie ein kleines Faultier auf meiner Brust – schlafend, warm, sicher. Ich höre seinen Atem, spüre sein Gewicht, und alles in mir wird ruhig.

Wenn man Vater wird, denkt man an viele Dinge: Windeln wechseln, Nächte durchwachen, Kinderlieder ertragen. Aber dass das Tragen – körperlich und emotional – so eine große Rolle spielen würde, das habe ich erst mit der Zeit verstanden. Und heute sage ich: Ich trage. Gerne. Weil Tragen nicht nur Fortbewegung ist, sondern Verbindung.

Am Anfang war es praktisch – dann wurde es emotional

Natürlich fing alles pragmatisch an. Kinderwagen ist sperrig, Gelände unwegsam, Treppen nervig – also Tragehilfe. Rucksack-Trage, Bauchtrage, Tragetuch (anfangs war das Ding für mich ein komplexes Textilpuzzle mit YouTube-Anleitung).

Aber irgendwann habe ich gemerkt: Es geht nicht mehr ums Bequeme – sondern ums Nähe schenken.

Mein Sohn will nicht immer getragen werden. Aber wenn er will, dann mit voller Inbrunst. Dann drückt er sich an mich, schlingt die Arme um meinen Hals und sagt nichts – weil alles gesagt ist.

Tragen ist ein Gespräch ohne Worte

Wenn ich ihn trage, kommunizieren wir auf einer anderen Ebene. Ich spüre, ob er müde ist, oder wach. Ob er sich entspannen kann, oder noch unruhig ist. Ob er lauscht, träumt, beobachtet. Und er? Er spürt mich. Mein Tempo. Meine Atmung. Mein Herzschlag.

Es ist, als würde die Welt für einen Moment langsamer. Intimer.
Und ich begreife: Das ist nicht nur körperliche Nähe.
Das ist Beziehung. Auf Augenhöhe. Nur eben mit einem, der ein bisschen kleiner ist.

Und ja, mein Rücken meldet sich

Natürlich ist das Tragen nicht immer romantisch. Es gibt Tage, da merke ich jedes Kilo, jede Kurve im Weg, jede Minute, die ich zu lange aufrecht war. Ich ächze, ich schwitze, ich fluch innerlich ein bisschen. Aber es ist okay. Weil das, was ich zurückbekomme, schwerer wiegt als jeder Muskelkater.

Und es gibt diese besonderen Momente – wenn er einschläft, ganz nah, die Stirn an meinem Hals, die kleinen Finger locker in meinem Shirt vergraben. Dann ist alles ruhig. Außen wie innen.

Tragen ist kein „Hilfsmittel“ – es ist Haltung

Ich kenne die Kommentare.
„Du verwöhnst ihn.“
„Der muss auch mal laufen.“
„Wird der nicht langsam zu schwer?“

Und ich lächle. Denn ich weiss, was sie nicht wissen: Dass Tragen nicht Schwäche ist. Es ist Stärke zeigen, wenn Nähe gebraucht wird.
Es ist ein Angebot. Keine Pflicht. Es ist ein Versprechen:
Ich bin da. Auch wenn du müde bist. Auch wenn du’s nicht sagen kannst. Auch wenn du einfach nur meine Nähe willst.

Er wird irgendwann nicht mehr getragen werden wollen

Und ich weiss: Diese Zeit ist endlich.
Irgendwann wird er sagen: „Ich kann das allein.“
Und ich werde nicken, stolz und ein bisschen wehmütig. Denn so soll es sein. Aber bis dahin trage ich ihn – nicht, weil er es nicht anders könnte,
sondern weil ich es kann.

Weil es Momente gibt, die man nicht verschieben kann.
Weil Nähe nicht auf später vertagt werden sollte.
Weil ein Kind, das getragen wird, nicht schwach ist – sondern geborgen.
Und weil ein Vater, der trägt, nicht aufgibt – sondern trägt, was zählt.

Tragen ist für mich Teil des Vaterseins

Ich trage beim Spazieren, beim Einkaufen, im Wald, auf dem Weg zur Kita.
Ich trage in der Früh, wenn die Beine noch müde sind.
Ich trage am Abend, wenn die Welt zu viel war.
Ich trage, weil ich es will – und weil ich es darf.

Und eines Tages, wenn er grösser ist, wenn er nicht mehr auf meinen Schultern sitzt oder in meinem Nacken plappert, dann werde ich diese Erinnerungen tragen. In meinem Herzen.

Nicht als Last – sondern als Geschenk.

Bagger, Busse und Baustellen: Wie mein Sohn mir die Welt neu zeigt

Bagger, Busse und Baustellen: Wie mein Sohn mir die Welt neu zeigt

Früher war ein Bagger für mich einfach ein Bagger. Ein nützliches Gerät, das irgendwo rumstand und Dreck bewegte. Baustellen waren lästig, laut, nervig – vor allem, wenn sie den Arbeitsweg blockierten. Und Busse? Die fuhren eben. Nichts Besonderes.

Dann wurde ich Vater. Und plötzlich war nichts mehr wie vorher.

Mein Sohn liebt Bagger. Und Busse. Und Baustellen. Eigentlich alles, was gross, laut und orange ist. Wenn er einen Bagger sieht, bleibt er stehen, zeigt mit voller Begeisterung drauf und ruft: „BAGGA!“ als hätte er gerade ein Einhorn entdeckt. Und ich? Ich bleibe auch stehen. Nicht weil ich den Bagger spannend finde – sondern weil er ihn spannend findet.

Und genau da beginnt etwas Wunderschönes: Ich sehe die Welt wieder mit anderen Augen.

Plötzlich ist der Alltag nicht mehr nur ein Durchrennen von A nach B. Der Weg zum Supermarkt ist keine nervige Pflicht, sondern eine potenzielle Safari. Gibt es irgendwo eine Baustelle? Ein LKW? Ein Presslufthammer? Jackpot! Und auch wenn ich innerlich manchmal denke: „Wir müssen jetzt echt weiter“, bleibe ich stehen. Weil sein Staunen ansteckend ist.

Ich habe gelernt, dass es gar nicht viel braucht, um echte Begeisterung auszulösen. Ein blinkender Blinker. Ein hupender Bus. Ein Radlader, der rückwärts fährt. Für uns nichts Besonderes – für ihn pures Spektakel.

Und genau das hat mich verändert.

Ich hetze nicht mehr durch die Welt. Ich bleibe öfter stehen. Ich schaue, ich beobachte. Nicht weil ich es muss, sondern weil ich will. Weil mein Sohn mir beigebracht hat, wieder neugierig zu sein. Wieder zu staunen. Dinge nicht einfach nur zu sehen, sondern sie wirklich wahrzunehmen.

Natürlich ist nicht jeder Tag voller Magie. Manchmal bin ich müde, gestresst, habe keine Lust, zum fünften Mal am gleichen Bauzaun stehen zu bleiben. Aber wenn ich dann diesen Blick sehe – diese Freude, dieses Glänzen in den Augen – dann weiss ich: Genau darum geht’s.

Vatersein hat mich nicht nur achtsamer gemacht. Es hat mir beigebracht, dass die schönsten Momente oft nicht geplant sind. Sie passieren einfach. Zwischen Ampel und Zebrastreifen. Zwischen Betonmischer und Kipplaster.

Mein Sohn bringt mir bei, dass der Weg das Ziel ist. Und dass ein „BAGGA!!“ manchmal wichtiger ist als pünktlich beim Einkaufen zu sein.

Warum ich meinem Sohn den Bauernhof zeige, auf dem ich aufgewachsen bin

Warum ich meinem Sohn den Bauernhof zeige, auf dem ich aufgewachsen bin

Es gibt Orte, die dich für immer prägen. Für mich ist das der Bauernhof, auf dem ich aufgewachsen bin. Nicht irgendein Ort auf der Landkarte – sondern ein Stück Kindheit, ein Stück Identität, ein Platz voller Erinnerungen, Arbeit, Natur, Freiheit, Dreck, Tiere und Stille.

Heute lebt und arbeitet dort meine Schwester – sie führt den Hof Underraebe mit Herz, Schweiss und einem tiefen Verständnis für alles, was Landwirtschaft ausmacht. Und ich bin unendlich froh, dass dieser Ort weiterlebt – nicht nur in meiner Erinnerung, sondern auch ganz real.

Seit ich Vater bin, ist ein Wunsch in mir immer stärker geworden: Ich will meinem Sohn zeigen, wo ich herkomme. Nicht nur geografisch – sondern emotional. Ich will, dass er versteht, dass sein Papa nicht in einem Reihenhaus grossgeworden ist, sondern zwischen Hühnern, Kuhmist und frischer Kuhmilch. Ich will, dass er den Boden unter den Füssen spürt, nicht nur Gummi am Spielplatz.

Wenn wir heute den Hof besuchen, sehe ich in seinem Blick dieselbe Neugier, dieselbe Aufregung, die ich als Kind hatte. Traktoren sind für ihn natürlich das Grösste – keine Überraschung. Aber auch die kleinen Dinge faszinieren ihn: Das Füttern der Tiere, das Beobachten der Kühe und Pferde, das Klettern auf den Heuballen, das Pflücken eines Apfels direkt vom Baum.

Und ich merke, wie gut es ihm tut. Weg vom Bildschirm, weg vom Verkehrslärm, rein in die Natur. Es geht nicht darum, dass er „lernen“ soll, wie Landwirtschaft funktioniert. Es geht darum, dass er erlebt, was echte Arbeit bedeutet. Dass er sieht, wie viel Herzblut in jedem Liter Milch, in jedem Gemüse steckt. Und dass er versteht, dass nicht alles selbstverständlich ist.

Für mich ist es mehr als nur ein nostalgischer Ausflug. Es ist ein kleines Zurückgeben. An meine Wurzeln. An meine Familie. Und vielleicht auch ein Stück an mich selbst. Denn in dem Moment, in dem ich meinem Sohn den Stall zeige, in dem ich früher jeden Morgen Heu geschleppt habe, bin ich wieder ein bisschen Kind.

Ich glaube fest daran, dass solche Erlebnisse bleiben. Auch wenn er sich später nicht an jedes Detail erinnern wird – das Gefühl wird bleiben. Dass es Orte gibt, an denen alles langsamer läuft. An denen man mit den Händen arbeitet. Und an denen es völlig egal ist, ob man gerade saubere Kleider trägt.

Der Hof ist kein Museum, sondern gelebte Geschichte. Unsere Geschichte. Und ich bin dankbar, dass ich sie weitergeben darf – nicht als Heldengeschichte, sondern als das, was sie ist: echt, erdig, einfach.

Mit Kleinkind das Haus verlassen: Warum jeder Ausflug eine kleine Weltreise ist

Mit Kleinkind das Haus verlassen: Warum jeder Ausflug eine kleine Weltreise ist

Es klingt so einfach. „Wir gehen gleich raus.“ Drei Wörter, gesprochen mit der festen Überzeugung, dass man das Haus bald verlassen wird. In deinem Kopf dauert das Ganze vielleicht fünf Minuten: Kind anziehen, Jacke schnappen, Schuhe an – und los geht’s.

Was du dabei nicht berücksichtigst: Du hast ein Kleinkind. Und ein Kleinkind lebt in einer völlig anderen Zeitzone.

Allein der Start kann sich ziehen. Du kündigst an, dass ihr gleich rausgeht – dein Kind schaut dich an, nickt vielleicht sogar. Du freust dich innerlich über diese Kooperation, öffnest voller Tatendrang den Kleiderschrank… und dann beginnt es. Dein Kind will nicht diese Hose. Auch nicht die andere. Es will die kurze Hose mit den Dinosauriern – im Februar. Und Socken sind heute offenbar illegal.

Du versuchst zu verhandeln. Erklärst, dass es draussen kalt ist. Dass man Socken braucht. Dass man ohne Hose nicht raus kann. Dein Kind hört dir zu – und zieht sich in genau diesem Moment das Oberteil wieder aus, das du ihm eben mühsam über den Kopf gezogen hast.

Während du innerlich bis zehn zählst, realisierst du: Du hast noch nicht mal die Schuhe erwähnt.

Irgendwann, nach gefühlt zwei diplomatischen Weltkrisen, steht das Kind endlich halbwegs angezogen da. Du atmest durch, öffnest die Haustür – und genau in dem Moment fällt ihm ein, dass es unbedingt noch seinen Bagger mitnehmen muss. Den, der irgendwo unter dem Sofa liegt. Oder im Kinderzimmer. Oder in einer anderen Dimension. Du suchst ihn, findest ihn, gibst ihn dem Kind – und es entscheidet sich um: „Doch lieber den Traktor.“

Du schaust auf die Uhr. Ursprünglich wolltet ihr „kurz nach neun“ los. Es ist inzwischen halb elf.

Aber du gibst nicht auf. Jetzt bloß nicht. Ihr habt’s fast geschafft. Du hast dein Kind endlich im Flur, ziehst dir selbst die Schuhe an, willst gerade die Tür hinter euch schliessen – da kommt der Satz: „Ich muss aufs Töpfchen.“

Natürlich.

Also wieder rein. Schuhe aus, Jacke aus, Windel oder Toilette, je nachdem. Danach nochmal alles von vorne. Und beim zweiten Versuch klappt’s. Fast. Bis zum Moment, in dem dein Kind sich auf dem Weg zum Auto in die Pfütze setzt. Mit voller Überzeugung.

Und du stehst da, mit der Tasche voller Snacks, Feuchttücher, Ersatzklamotten und der ernüchternden Erkenntnis: Das war der einfache Teil.

Denn unterwegs kann alles passieren. Hunger, Durst, Streit, Müdigkeit, Wutanfall über die falsche Trinkflasche, Panik, weil der Kuscheltier-Elefant im Auto vergessen wurde, der unbändige Wunsch, die Straße rückwärts zu überqueren – und natürlich der Klassiker: „Ich will heim.“

Und trotzdem machst du es wieder. Immer wieder.

Weil es trotz allem auch diese Momente gibt, in denen dein Kind quietschvergnügt durch den Park rennt. Oder dich mit großen Augen anschaut, wenn es etwas Neues entdeckt. Oder einfach nur deine Hand nimmt und sagt: „Komm, Papa.“

Dann denkst du kurz nicht mehr an die verlorenen Socken, den Pfützen-Sprung oder das dreißigminütige Anziehen. Dann ist alles gut.

Bis zum nächsten Mal. Wenn du wieder glaubst, dass „Wir gehen gleich raus“ ein realistisches Ziel ist.

Wenn Kinder alles nachmachen: Warum unser Verhalten ihre wichtigste Lektion ist

Wenn Kinder alles nachmachen: Warum unser Verhalten ihre wichtigste Lektion ist

Es beginnt mit einem Lächeln. Dein Kind plappert fröhlich drauflos, spielt mit seinem Spielzeug-Handy und sagt in genau deinem Tonfall: „Warte kurz, ich bin gleich soweit!“ Du lachst, findest es süss – und plötzlich dämmert dir: Moment mal. Das sag ich dauernd.

Ab diesem Moment sieht man die Welt mit anderen Augen. Oder besser gesagt: Man sieht sich selbst mit anderen Augen – gespiegelt in einem 21 Monate alten Mini-Menschen, der alles nachmacht. Und ich meine wirklich alles. Vom Augenrollen über „Hopp, hopp, zackig“ bis hin zu fluchähnlichen Lauten, bei denen man sich fragt, ob das jetzt eher „verdammt“ oder „verrückt“ war.

Kinder machen alles nach – das ist ihre Art zu lernen. Sie beobachten uns pausenlos. Nicht nur, was wir tun, sondern wie wir es tun. Unsere Worte, unsere Gesten, unsere Stimmung. Und irgendwann sieht man plötzlich, wie der eigene Nachwuchs mit einer Mischung aus Autorität und Nervosität ein Kuscheltier ausschimpft, weil es „schon wieder nicht aufgeräumt hat“.

Es ist faszinierend. Und ehrlich gesagt: auch ein bisschen erschreckend. Denn während wir früher dachten, dass Erziehung vor allem aus Regeln, Grenzen und klugen Erklärungen besteht, zeigt uns das Leben mit Kind eine viel simplere Wahrheit: Du bist das Vorbild. Immer.

Natürlich habe ich das vorher gewusst. Irgendwo. Aber es ist ein Unterschied, ob man etwas weiss – oder ob man es live erlebt, wenn der eigene Sohn beim Spielen plötzlich die exakt gleiche Körperhaltung einnimmt wie Papa auf der Couch, inklusive seufzendem „Boah, bin ich müde…“

Und dann gibt es da diese kleinen Sätze, die man achtlos vor sich hinsagt. „Warte kurz“, „Ich hab grad keine Zeit“, „Jetzt nicht“ – alles Dinge, die im Alltag oft einfach passieren. Aber wenn man sie zum ersten Mal vom eigenen Kind hört, mit der gleichen Tonlage und dem gleichen genervten Unterton, dann ist das wie ein kleiner Wake-up-Call. Nicht vorwurfsvoll, sondern ehrlich. Ungefiltert.

In genau diesen Momenten merke ich, wie viel wir unbewusst vermitteln. Wie schnell aus einem spontanen Satz ein Leitsatz wird. Wie aus einer schlechten Laune ein Vorbild für den Umgang mit Frust entstehen kann. Und wie wichtig es ist, nicht perfekt zu sein, aber bewusst.

Ich will meinem Kind nicht vorspielen, dass ich immer gut drauf bin. Oder dass ich nie Fehler mache. Aber ich will ihm zeigen, wie man damit umgeht. Dass man sich entschuldigen kann, wenn man zu laut war. Dass man lachen darf, wenn etwas schiefläuft. Und dass man auch mal sagen darf: „Ich war gerade gestresst. Das tut mir leid.“

Kinder machen alles nach – und das ist eigentlich eine riesige Chance. Denn wenn sie unser Verhalten kopieren, dann können sie auch lernen, wie man liebevoll mit anderen umgeht. Wie man zuhört. Wie man mitfühlt. Wie man mit Problemen umgeht, ohne gleich auszurasten (auch wenn’s manchmal schwerfällt).

Und ja, manchmal heisst das auch, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Wenn mein Sohn mir beim Zähneputzen zuschaut und plötzlich anfängt, mit der Zahnbürste wild herumzufuchteln, weil er denkt, dass genau das „richtig“ ist – dann lache ich. Und putze halt nochmal gemeinsam mit ihm.

Ich habe inzwischen verstanden: Mein Kind braucht nicht den perfekten Papa. Es braucht einen echten Papa. Einen, der da ist. Der sich bemüht. Und der sich nicht scheut, von einem 21 Monate alten Spiegelbild des eigenen Ichs noch ein paar wichtige Lektionen zu lernen.