Die ersten Worte: Warum „Sicher nicht!“ mehr ist als nur Trotz

von | Mai 11, 2025 | Nachwuchs | 0 Kommentare

Die ersten Worte eines Kindes sind magisch. Da ist dieses kleine Wesen, das dich monatelang nur angestarrt, gebrabbelt, geschrien und gelacht hat – und plötzlich kommt da ein echtes Wort. Ausgesprochen, gemeint, mitten aus dem Herzen.

„Papa.“
„Mama.“
„Bagger.“
Alles Klassiker.

Bei uns hat sich aber ein anderer Satz zur wahren Lieblingsphrase entwickelt. „Sicher nicht!“ Und das – wichtig – mit wütendem Stampfen auf den Boden.

Es ist inzwischen so legendär, dass ich es schon höre, bevor er es sagt. Die Augen werden schmal, die Hände gehen in Position, der kleine Fuss hebt sich dramatisch… Boom!„SICHER NICHT!“

Und ganz ehrlich: Ich liebe es. Auch wenn ich in dem Moment vielleicht gerade versuche, ihm die Schuhe anzuziehen. Oder ihn davon abhalten will, zum zehnten Mal in die Hundeschüssel zu greifen. Oder ihn überreden möchte, bitte einfach nur kurz zu sitzen.

Denn auch wenn’s anstrengend ist – es ist Sprache. Ausdruck. Persönlichkeit pur.

Was ich faszinierend finde: Diese ersten Worte zeigen nicht nur, dass dein Kind sprechen lernt. Sie zeigen, wer es ist. Was es will, was es nicht will, und wie es das in Worte packt. Und manchmal – das ist das wirklich Unheimliche – klingen diese Worte verdächtig nach einem selbst.

Ich habe mich dabei ertappt, wie ich überlegte: Sag ich wirklich so oft „Sicher nicht“? Und ja – wahrscheinlich schon. Vielleicht nicht mit Stampfen, aber mit demselben Ton.

Kinder sind nicht nur Sprach-Schwämme, sie sind Spiegel. Sie hören alles. Sie merken sich alles. Und sie geben es zurück – oft mit unfreiwilliger Präzision.

Da steckt dann in einem einzigen Satz wie „Sicher nicht!“ so viel drin: Trotz, Stolz, Unabhängigkeit – aber eben auch: „Ich habe dich verstanden. Und jetzt zeige ich dir, wie ich das auch kann.“

Natürlich wäre es manchmal praktischer, wenn das erste Lieblingswort „Ja, Papa!“ wäre. Oder „Natürlich, ich helfe dir!“ Aber wir reden hier nicht von Wunschkonzerten – sondern von kleinen Menschen mit eigenen Ideen. Und das ist eigentlich das Schönste daran.

Denn „Sicher nicht!“ ist nicht einfach nur Trotz. Es ist Selbstwirksamkeit. Es ist der Beweis, dass dein Kind sich ausprobiert. Grenzen testet. Dich herausfordert – nicht um zu nerven, sondern um zu lernen.

Und irgendwo zwischen dem fünften „Sicher nicht!“ des Tages, einem drohenden Trotzanfall und meinem inneren Wunsch nach Ruhe, weiss ich: Genau so soll es sein.

Auch wenn ich mir manchmal wünsche, dass er das nächste Lieblingswort aus einem etwas… kooperativeren Wortfeld wählt. Vielleicht „bitte“? Oder „Kaffee“? Ich nehme, was ich kriegen kann.

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