Es gibt Fragen, die sich in Gesprächen unter Vätern oft hinter vorgehaltener Hand stellen. Eine davon lautet: „Und… hast du eigentlich noch ein Hobby?“ Und oft folgt darauf ein betretenes Lächeln, ein Schulterzucken oder ein verlegenes „Naja… ich würd gern mal wieder…“
Hobbys – das klingt nach Freizeit, nach Zeit für sich, nach einem Raum, der nur einem selbst gehört. Und es klingt gleichzeitig nach etwas, das sich nicht mehr ganz ins Leben einfügt, sobald Kinder da sind. Plötzlich ist da keine Lücke mehr für den Gitarrenkurs, keinen ruhigen Abend für Miniaturen, keinen Wochenendtrip mit dem Bike. Stattdessen: volle Windeln, Kita-Termine, Müdigkeit, Chaos, Alltag. Ein schöner, intensiver, aber auch fordernder Alltag.
Und genau deshalb sind Hobbys nicht irgendein netter Bonus – sie sind Überlebenshilfe. Nicht weil wir uns ausklinken wollen, sondern weil wir auftanken müssen. Es gibt diesen schmalen Grat zwischen funktionierendem Familienvater und leerlaufendem System. Und irgendwann merkst du: Wenn du dich selbst ständig zurückstellst, bleibt irgendwann nicht mehr viel übrig, was du überhaupt zurückstellen kannst.
Ich habe das selbst erlebt. Als mein Sohn klein war, habe ich alles gegeben – mit Stolz und Freude. Aber gleichzeitig merkte ich: Da fehlt was. Nicht laut. Nicht dramatisch. Aber spürbar. Ein Teil von mir war auf Pause. Und der lief immer weiter im Hintergrund mit, wie ein offenes Fenster im Betriebssystem. Irgendwann zieht es Energie.
Was mir gefehlt hat, war mein Raum. Mein Ding. Mein Hobby.
Ich bin kein typischer Sammler, kein Ausdauersportler. Aber ich habe gemerkt, dass ich etwas brauche, das nicht mit Windeln, Absprachen und Alltag zu tun hat. Etwas, das mir gehört, ohne Zweck, ohne Nutzen, ohne Produktivitätserwartung. Einfach nur, weil es mir guttut. Also habe ich wieder angefangen, Dinge zu tun, die ich früher mochte – Miniaturen bemalen zum Beispiel. Für andere ist es Heimwerken, Angeln, Musik machen, Zeichnen oder einfach das Basteln an irgendeinem Projekt, das nie wirklich fertig wird.
Ich kenne viele Männer, die sich ihre Hobbys heimlich zurückerobern – oft mit einem schlechten Gewissen. Als müsste man sich dafür rechtfertigen, zwei Stunden am Abend für sich zu beanspruchen. Aber genau das ist der Denkfehler: Diese Zeit ist keine Flucht. Sie ist keine Absage an Familie. Sie ist eine Investition in die eigene Präsenz. Denn wenn du dich selbst nicht mehr spürst, wird auch deine Nähe zu anderen flacher. Ein Vater, der auf dem Zahnfleisch geht, ist niemandem eine Hilfe – vor allem nicht sich selbst.
Was mich beim Thema Hobby besonders fasziniert, ist der Wandel. Früher war das vielleicht noch das klassische Männerbild: Sportverein, Werkbank, Motorrad. Heute ist die Welt weiter geworden. Hobbys dürfen nerdig sein, verspielt, kreativ, handwerklich, digital oder völlig nutzlos im besten Sinne. Und es geht nicht darum, was man tut – sondern dass man es tut.
Ich finde es großartig, wenn Männer sich ihre Hobbys neu definieren. Wenn sie wieder anfangen, zu spielen. Wenn sie sich erlauben, Zeit für sich zu haben, ohne sich schuldig zu fühlen. Wenn sie ihren Kindern zeigen, dass Papa nicht nur der Funktionierende ist, sondern auch der Neugierige, der Gestaltende, der Leidenschaften hat. Denn genau das wollen wir doch auch für unsere Kinder: Dass sie Interessen entdecken, sich verlieren dürfen in Dingen, die sie erfüllen – ohne gleich an Leistung oder Verwertung zu denken.
Ein Hobby ist kein Rückzug. Es ist eine Form der Selbstfürsorge. Eine Möglichkeit, wieder in Kontakt mit sich selbst zu treten. Für manche ist es das Schreiben. Für andere das Laufen im Wald. Für wieder andere das Schrauben an irgendwas, das am Ende gar nicht funktionieren muss – weil es um den Weg geht, nicht ums Ziel.
Ich glaube fest daran, dass wir Hobbys brauchen. Nicht nur als Väter, sondern als Männer, als Menschen. Und ich glaube auch, dass wir uns erlauben dürfen, sie ernst zu nehmen – auch wenn sie nach außen belanglos wirken.
Denn ein Mann, der für sich selbst sorgt, ist kein Egoist. Er ist jemand, der seine Energie nicht nur verbraucht, sondern pflegt. Und das ist am Ende nicht nur gut für ihn – sondern für alle, die mit ihm leben.
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