Es war einer dieser grauen Nachmittage, an denen der Regen gegen die Fenster trommelt und man nicht so recht weiß, was man mit sich anfangen soll. Ich wollte eigentlich nur kurz den Gartenstuhl reparieren. Nichts Großes. Ein bisschen Holzleim, zwei Schrauben, fertig. Doch mein Sohn stand plötzlich neben mir, schaute neugierig auf das Werkzeug und sagte: „Papa, darf ich auch mal?“ Und damit war es kein schneller Handgriff mehr – es wurde ein Moment. Einer dieser Papamomente, die bleiben.

Ich reichte ihm einen kleinen Schraubenzieher. Viel zu groß für seine kleinen Hände, aber das störte ihn nicht. Er hielt ihn mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Abenteuerlust. Wir setzten uns auf den Boden, legten die Schrauben zurecht, und ich begann zu erklären, was wir tun. Und plötzlich war ich nicht mehr der Papa, der etwas reparieren muss. Ich war der Papa, der etwas zeigt. Der einführt in eine Welt, die sich bisher nur aus Geräuschen zusammensetzte – Ratsch, Klick, Knarz – und die jetzt greifbar wurde.

Wir arbeiteten nicht schnell. Natürlich nicht. Jede Schraube wurde besprochen, jeder Handgriff neu entdeckt. Er stellte Fragen, ich versuchte kindgerecht zu antworten. Und ich merkte, wie sich mein eigener Blick auf das Werkzeug veränderte. Da war plötzlich keine Eile mehr. Keine Zielvorgabe. Es ging nicht mehr darum, dass der Stuhl am Ende gerade steht – sondern darum, dass wir ihn gemeinsam aufrichten.

Als der Stuhl wieder stand, fragte er: „Bauen wir noch was?“ Ich wollte eigentlich Nein sagen – war müde, hungrig, durchgeplant. Aber ich sagte: „Was würdest du denn gerne bauen?“ Er überlegte kurz, dann: „Ein Haus für die Vögel.“ Und ich sagte: „Okay.“

Wir gingen zusammen in die Garage. Ich suchte ein paar Holzreste, er suchte sich Nägel aus. Ich zeigte ihm, wie man das Holz anzeichnet, wie man sägt – auch wenn ich am Ende natürlich selbst sägen musste. Er hielt die Teile fest, reichte mir Nägel, klopfte mit seinem Spielhammer daneben. Aber keiner von uns störte sich daran. Es war egal, ob es krumm wurde. Es war unser Häuschen.

Am Ende strichen wir es gemeinsam an. In knalligem Blau, mit roten Punkten. Ich hätte es so nie gestrichen. Aber das war auch nicht der Punkt. Er war stolz. Zeigte es seiner Mutter, dem Nachbarn, sogar dem Briefträger. Und ich? Ich war es auch. Nicht auf das Ergebnis – sondern auf das Erlebnis.

In den Wochen danach haben wir noch viele kleine Projekte gemacht. Einmal ein Holzauto, das nur in eine Richtung fuhr. Dann ein Bilderrahmen für Omas Geburtstag. Immer waren es chaotische, improvisierte Nachmittage. Aber sie hatten etwas, das oft im Alltag verloren geht: sie waren voll. Voller Lachen, voller Lernen, voller Verbindung. Ich habe in diesen Momenten mehr über meinen Sohn gelernt als in mancher langen Autofahrt oder im gemeinsamen Fernsehen.

Ich habe auch über mich selbst gelernt. Zum Beispiel, dass ich oft zu schnell bin. Dass ich oft schon beim Ergebnis bin, während er noch beim ersten Schritt ist. Dass ich Ungeduld manchmal als Effizienz maskiere. Und dass es eine Kunst ist, langsam zu bauen – mit kleinen Händen und großen Augen. Und dass ich genau das manchmal brauche.

Was bleibt, sind keine perfekten Bauten. Es bleiben Farbflecken auf der Hose, ein schiefes Vogelhaus am Balkon, ein verbogenes Auto irgendwo im Kinderzimmer – und ein Kind, das beim Anblick dieser Dinge leuchtet. Und ein Vater, der versteht, dass ein Werkzeugkasten mehr sein kann als nur Schrauben und Zangen. Er kann ein Schlüssel sein. Zu Verbindung, Vertrauen, und vielleicht auch ein bisschen zu sich selbst.